Grundlagen für das Sekretmanagement

Das Ziel des Sekretmanagements ist es, die Belüftungssituation der Atemwege zu erhalten und/oder zu verbessern. Durch gezieltes Sekretmanagement kann die körperliche Belastbarkeit und damit die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessert werden. Das Sekretmanagement umfasst Methoden zur Aufrechterhaltung der mukoziliären Clearance sowie Techniken der Sekretolyse und Sekretexpektoration.
Fachbeitrag von Natalie Kuhlemann

Ziel des Sekretmanagements ist es, die Belüftungssituation der Atemwege zu erhalten

Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen wie zum Beispiel COPD oder Bronchiektasen, die sich negativ auf den physiologischen Reinigungsmechanismus der Lunge auswirken können. Auch verschiedene Umweltfaktoren (z. B. Nikotin und Abgase) können den Reinigungsmechanismus unserer Atemwege negativ beeinflussen.

Die Physiologie der mukoziliären Clearance

Das Bronchialsekret wird in den Becherzellen und in den submukösen Drüsen der Atemwege gebildet. Es können bis zu 10 ml Sekret pro Tag produziert werden. Die Lunge verfügt über vielseitige Abwehrmechanismen. Die mukoziliäre und die tussive Clearance sorgen dafür, dass eingeatmete Partikel wieder nach außen befördert werden. Das Bronchialsekret mit seinen Komponenten stellt ein Verteidigungsprinzip gegen eingedrungene infektiöse Erreger dar.1

Dieses Schema zeigt das Nasenepithel, das für das Sekretmanagement im Atmungssystem von entscheidender Bedeutung ist. Es veranschaulicht die Verteilung und Funktion der Becherzellen, die Schleim produzieren, und der Flimmerzellen, die den Schleim transportieren, um die Atemwege frei zu halten.

Als mukoziliäre Clearance bezeichnet man den Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien, der vom respiratorischen Epithel getragen wird. Die Atemwege sind bis zu den Bronchioli terminales mit respiratorischem Flimmerepithel ausgekleidet. Die Kinozilien sind in den Atemwegen sehr dicht angesiedelt. Sie führen eine koordinierte wellenförmige Bewegung in Richtung Larynx durch und befördern so kleine Fremdkörper und andere Mikroorganismen aus den unteren Atemwegen heraus.2

Für eine ausreichende mukoziliäre Clearance ist die Dichte der Kinozilien ebenso wie die Struktur und Aktivität ausschlaggebend. Eine hohe Luftfeuchtigkeit kann die Funktion des Flimmerepithels verbessern und damit auch die Clearance steigern.

Voraussetzung für Sekretexpektoration

Für die Entfernung von Sekret aus den Atemwegen sind zwei Mechanismen elementar wichtig: die mukoziliäre Clearance und der Hustenstoß. Bei Schwäche, Ausfall oder Überforderung eines dieser Mechanismen kann es zu einer Ansammlung von Sekret in den Atemwegen kommen.3

Die Fähigkeit, die vom Bronchialsystem produzierten Sekrete wieder loszuwerden, ist einem gesunden Menschen selten bewusst. Die Schleimhäute der oberen und unteren Atemwege produzieren ständig Sekrete, die wieder weitergefördert werden. Dabei nehmen die Sekrete auch Schmutz- und Fremdpartikel auf. Mithilfe von Flimmerhärchen werden diese Sekrete Richtung Rachen transportiert und lösen den Schluckreiz aus.

Die Fähigkeit zu husten ist lebenswichtig, denn Husten ist Teil des Sekretmanagements und des Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege. Durch Husten ist es möglich, Sekrete und Fremdkörper aus den Atemwegen heraus zu befördern. Das Herausbefördern von Sekreten aus den Atemwegen durch Husten wird Sekret-Clearance genannt.4

Definition Sekretmanagement

Das Thema Sekretmanagement umfasst sämtliche Maßnahmen, die zur Mobilisierung und Elimination von überschüssigem Sekret aus den Atemwegen ergriffen werden und das Husten erleichtern sollen. Freie Atemwege sind eine Grundvoraussetzung für eine effektivere Belüftung der Lunge und einen adäquaten Gasaustausch. Das Sekretmanagement spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Atemgasfunktion und der Vermeidung von Komplikationen.

Maßnahmen zur Sekretolyse und Sekretexpektoration orientieren sich an der Grunderkrankung und den Komorbiditäten der Patient:innen und müssen an die jeweiligen funktionellen Probleme angepasst und mit ihnen kombiniert werden. Sie umfassen medikamentöse und nichtmedikamentöse Maßnahmen.

Die Sekretolyse beinhaltet die medikamentöse Therapie von zähflüssigem Bronchialsekret. Die Hilfestellung zum Abhusten des Sekrets nennt man Sekretexpektoration.Maßnahmen, die das Bronchialsekret in Bewegung bringen und den Abtransport fördern, gehören zur Sekretmobilisation. Jeder einzelne Punkt ist ein wichtiger Bestandteil des Sekretmanagements. Ist einer der genannten Punkte gestört, ist das Sekretmanagement gefährdet und muss aktiv unterstützt werden.

Patientengruppen mit einem Risiko für Sekretverhalt

Es gibt Patientengruppen, die aufgrund von Therapie und Vorerkrankungen besonders für Sekretverhalt gefährdet sind. Durch eine Intubation kann der Respirationstrakt seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Da die Zilienbeweglichkeit von der Luftfeuchtigkeit abhängt, wird bei zu geringer Luftfeuchtigkeit und zu niedriger Temperatur der Reinigungsmechanismus behindert.

In den Atemwegen des Menschen schlagen die Zilien synchron, um Sekret und darin eingeschlossene Partikel nach außen zu befördern, um so die Atemwege sauber und frei von Krankheitserregern und Staub zu halten.

Die Ursachen für eine Störung der mukoziliären Clearance sind vielfältig: z. B. den Verlust an muköser Feuchtigkeit, chronische Entzündungsprozesse oder angeborene Störungen (z. B. Karthagener-Syndrom), aber auch toxische Gase (Zigarettenrauch, O2!) oder Medikamente (z. B. Betablocker) führen zu Umbau, Austrocknung und Verklebung der respiratorischen Schleimhäute. Die Folgen sind Verlust der Motilität der Flimmerhärchen, der Selbstreinigungs- und Abwehrfunktion und der Fähigkeit zum Sekrettransport.

Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen werden von Symptomen und Folgen einer muskulären Ateminsuffizienz begleitet, die sich im Verlauf zum chronischen hyperkapnischen Atemversagen und zu einer klinisch hochrelevanten Hustenschwäche mit Sekretverhalt entwickelt.5

Die Inhalationstherapie im Sekretmanagement

Die Maßnahmen richten sich nach den Ursachen und den Problemen. Medikamentöse Therapien des Sekretmanagements haben ihren Schwerpunkt in der inhalativen Therapie. Die inhalative Therapie kann bei beatmeten Patienten und spontanatmenden Patienten eingesetzt werden. Das Inhalationsmanöver und die Inhalationstechnik sind entscheiden für die Deposition und die Wirksamkeit.

Ziele der Inhalationstherapie sind im Wesentlichen die Erweiterung der Bronchien bei obstruktiven Erkrankungen, die Entzündungshemmung zur Abschwellung der Bronchialschleimhaut und die Sekretolyse (Verringerung der Viskosität des Sekrets).

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Atemtherapie im Sekretmanagement

Neben der Inhalationstherapie zur Erweiterung der Atemwege gibt es noch die Atemtherapie. Hier können die Patientinnen und Patienten mit Übungen und kleinen Devices die Therapie selbstständig durchführen. Durch die Übungen wird ein positiver exspiratorischer Druck auf die Atemwege ausgeübt, der diese stabilisiert und dafür sorgt, dass die Bronchien nicht kollabieren. Der PEP wird während der gesamten Ausatmung aufrechterhalten.

Mit einem OPEP-Device gibt es die Möglichkeit, eine oszillierende Wirkung in der Ausatmung zu erzielen. Der Druck wird während der Ausatmung aufrechterhalten und zusätzlich werden Schwingungen auf die Atemwege gegeben, die für eine Sekretmobilisation sorgen.

Zusammenfassung

Ein gesunder Mensch verfügt über die Funktionen der tussiven und mukoziliären Clearance und verfügt somit über den Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege. Die Balance kann jedoch aus dem Gleichgewicht geraten und je nach Ursache und funktionellen Problemen muss ein individuelles Sekretmanagement konsequent durchgeführt werden.

Die inhalative Therapie hat eine dilatorische Wirkung auf die Atemwege. Mit der Atemtherapie kann der Patient zusätzlich zu der medikamentösen Therapie den Verlauf seiner Erkrankung und das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Eine Schulung über die Devices der Atemtherapie und deren Handhabung sind von elementarer Bedeutung. Die Patientinnen und Patienten müssen wissen, dass nicht nur Medikamente bei ihrer Erkrankung helfen, sondern dass sie auch selbst mitwirken können und sollen.

Wenn die Patientinnen und Patienten die Atemtherapie auch zu Hause regelmäßig und selbstständig durchführen, verbessert dies das Outcome. Atemtherapiegeräte sind in der Regel so klein, dass sie überall hin mitgenommen werden können, sei es in die Klinik oder auf eine Kreuzfahrt. Sie können und sollen zum Begleiter in allen Lebenslagen werden. Bei regelmäßiger Anwendung kann das Sekretmanagement positiv beeinflusst und damit die Sekretproblematik vermindert werden.

Über die Autorin

Natalie Kuhlemann

Atmungstherapeutin (DGP)

Aus der Praxis – für die Praxis gibt sie ihr Wissen in Workshops und Fachartikeln weiter.  Sie ist Fachgesundheits- und Krankenpflegerin für Anästhesie und Intensiv, Referentin für Beatmung, NIV und High Flow sowie Beatmungspflege und Sekretmanagement. Aktuell tätig im Helios Klinikum in Hildesheim (September 2024)

Quellen:
1 Costabel, U., Kroegel, C. (1988). Die Lunge und ihre Abwehrmechanismen. In: Konietzko, N. (eds) AIDS und Lunge. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-85513-9_2
2 https://flexikon.doccheck.com/de/Mukoziliäre_Clearance
3 Geiseler J., Sekretmanagement, Pneumologie Lehrbuch für Atmungstherapeuten DGP 2018, 2. Auflage.
4 Lang, H. (2017). Sekretmanagement. In: Lang, H. (eds) Außerklinische Beatmung, Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi-1org-1mbluytsk0022.han.helios-zentralbibliothek.de/10.1007/978-3-662-53996-5_29
5 Boentert, M., Young, P.: Beatmung und Sekretmanagement bei amyotropher Lateralsklerose, Ventilatory Support and Management of Secretions in Amyotrophic Lateral Sclerosis, Klinische Neurophysiologie 2015; 46(04): 163–172. DOI: 10.1055/s-0041-106978
Bildnachweis: PALMIHELP / istock.com, Pikovit 44 / istock.com, Design Cells / istock.com

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